PZ 21.6.2011
PZ 21.6.2011
Kn 6/2011
Kn 6/2011

Bilder des Konzerts am 19.Juni im Kurhaus

Bilder der Generalprobe am 19.Juni im Kurhaus

einführung zum sonderkonzert

„alt trifft auf jung“

Das Konzert lebt aus der Gegenüberstellung von "alt" und "jung", bei der auch

deutlich wird, dass jung und alt keine sich ausschließenden Zuordnungen sind:

manches Junge wirkt schon sehr alt, manches Alte sehr jung.

"Stabat Mater", das Werk für Chor und Orchester eines alten Komponist, Giovanni

Battista Pergolesi, der 1736 schon im jungen Alter von 26 Jahren an Tuberkulose

starb, wird dem Werk "Sans tambour ni trompettes" gegenübergestellt. Die schon

alte, aber jung gebliebene, noch lebende Komponistin und Pianistin Wally

Karveno hat hier in wechselnder Folge einen a capella Frauenchor und Teile einer

Orchestersuite gegenübergestellt. Beide Werke werden eingerahmt durch die ewig

junge Musik von Johann Sebastian Bach, der von 1685 bis 1750 lebte. Sein

"Konzert für Cembalo und Orchester in F-Dur (oder Moll?)" kommt durch Wally

Karveno als Pianistin und das Orchester des "Ensemble Musik auf der Höhe

Schömberg" unter der Leitung von Gerd-Uwe Klein zur Aufführung.

Wally Karvenos Werk "Sans tambour ni trompettes wird durch Chor und Orchester

des "Ensemble Musik auf der Höhe Schömberg" unter der Leitung von Gerd-Uwe

Klein und Hans Jörg Calmbach zu hören sein.

Alt und jung kommen zusammen und lösen sich ab: "Stabat Mater" wird wie in der

Zeit ihres Komponisten auf Streichinstrumenten mit Darmsaiten erklingen; "Sans

tambour ni trompettes" dagegen auf modern gestimmtem Instrumenten, bei der

Aufführung des C-Moll-Konzertes wird das Cembalo durch das Klavier ersetzt.

Alt und Jung verbinden sich ebenfalls in den drei "Chansons Renaissance". Wally

Karveno hat hier drei Texte französischer Dichter der Renaissance (Clément Marot

und Francois Rabelais vertont. Interpretiert werden sie von Laura Rieger,

Studentin im Fach Gesang an der Musikhochschule Wien. Die Komponistin Wally

Karveno begleitet sie auf dem Klavier.

wally karveno

Wally Karveno wurde am 14. Oktober 1914 in Berlin geboren. Ihr Vater Dr. Waldemar

Loewenthal war Mediziner, ihre Mutter , die Geigerin Lucy Everaerts stammte aus

Brüssel. Ihre Eltern lernten sich in Berlin kennen, wo Lucy bei dem damals berühmten

Geiger Joseph Joachim an der kaiserlich-königlichen Hoch -

schule für Musik studierte. Wally wuchs deshalb zweisprachig

auf – deutsch und französisch. Ihr Vater wurde 1919

als Bakteriologe an die Universität Bern berufen, so dass

die Familie ab diesem Zeitpunkt in der Schweiz lebte.

Schon mit 13 Jahren spielte Wally öffentlich das Klavier -

konzert von Robert Schumann. Ihre weitere Karriere als

Klaviersolistin wurde aber wegen einer langwierigen Beeinträchtigung beider Arme

nach dem frühen Tode ihres Vaters unterbrochen. Sie wandte sich deshalb zunächst

dem Theater zu und wurde in der Spielzeit 1931-32 das jüngste Mitglied im Ensemble

des Berliner Staatstheaters, anschließend erhielt sie ein Engagement am Stadttheater

Bern. 1933 zog sie über Brüssel nach Paris.

Zu Beginn des 2. Weltkriegs wurde sie in Limoges als vermeintliche deutsche Spionin

verhaftet, aber nach sechs Wochen wieder entlassen. Danach wurden sie und ihre

Schwester als Deutsche im Lager Gurs interniert. Nach der Niederlage Frankreichs und

der Etablierung der Vichy-Regierung kehrte sie mit ihrer Familie nach Limoges zurück

und arbeitete dort bis Kriegsende als Klavierlehrerin und Organistin.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde sie französische Staatsbürgerin, zog wieder nach Paris,

heiratete, bekam drei Kinder und erwarb sich als Klavierlehrerin, Pianistin und

Kompo nistin einen guten Ruf in der französischen Musikwelt. Sie konzertierte als

Klaviersolistin in Frankreich Deutschland, den Beneluxländern und auch mehrmals in

den USA, wo sie u.a. den Solopart in dem von ihr komponierten Concertino für Klavier

und Orchester übernahm. Sie wurde für ihre Verdienste um das Musikleben Frank -

reichs mit den Orden "Les palmes academiques" und "L’ordre national du mérite"

ausgezeichnet.

Sie lebt im Pariser Künstlerviertel Montmartre und tritt noch immer öffentlich auf.

Neben der Aufführung von musikalischen Werken gilt ihr Interesse der Verbindung

von Musik und Poesie, denn Wally Karveno hat selbst auch Gedichte und Prosatexte

verfasst.

KN 6/2011
KN 6/2011